Am 9. und 10. Oktober haben wir unser alljährliches „Ein Dorf singt“-Projekt mit zwei Konzerten in der Sachsenlandhalle Glauchau zum Abschluss gebracht, wohin wir pandemiebedingt ausweichen mussten. Nachdem die Konzerte vor ziemlich genau einem Jahr coronabedingt zwei Tage vorher abgesagt werden mussten, war uns das wirklich eine große FREUDE. Thematisch hätte das Stück also nicht passender gewählt sein können.
Ich denke, ich spreche für viele, wenn nicht sogar für alle Sängerinnen und Sänger des Gesangvereins zu Langenbernsdorf, dass die 9. Sinfonie von Beethoven eine ganz besondere Herausforderung für uns alle war. Zwar ist der Chor-Part im 4. Satz der Sinfonie nur knapp 20 Minuten lang, doch hat er es musikalisch in sich. Vor allem den Sopran treibt Beethoven zeilenweise in die höchsten Höhen. Aber auch für die anderen Stimmgruppen hält er musikalische Raffinessen, wie bspw. ausgefeilte Lautstärke- und Tempowechsel, bereit. So hat uns der Auftritt gezeigt, dass wir nicht nur die Coronazeit einigermaßen unbeschadet überstanden haben, sondern uns in den Proben auf Abstand und zuvor übers Internet sogar steigern konnten. Die Zusammenarbeit mit der Singakademie Chemnitz war für uns etwas Neues, das es in Zukunft fortzusetzen, zu intensivieren gilt. Die jeweiligen Vorsitzenden und Chorleiter werden hierzu im Gespräch bleiben und vielleicht steht man in absehbarer Zeit wieder einmal gemeinsam auf der Bühne.
Apropos: Auch für unseren Liedermeister Michael Pauser war das Konzert etwas Besonderes. Markiert die 9. für ihn doch einen ganz besonderen Höhepunkt, wie er uns bereits zu Beginn der Vorbereitungen erklärte:
„An Silvester 2004 habe ich die 9. Sinfonie erstmals live gehört. Es war am Theater Chemnitz, wo ich kurz zuvor ein Praktikum absolvierte und immer noch manchmal arbeitete. Auf der Bühne stand damals auch die Singakademie Chemnitz als einer der Chöre. Die Wucht, mit der mich diese Musik traf, war enorm. Ich blieb nach der Aufführung im Saal sitzen und hörte mir auch das zweite Konzert an, das kurz darauf begann. Seitdem hat mich dieses Werk nicht mehr losgelassen. Mehr noch: An jenem Silvesterabend stand für mich fest, dass ich eines Tages diese großartige Sinfonie selbst dirigieren will. So fasste ich als 17-Jähriger endgültig den Entschluss Dirigent werden zu wollen. Ich hatte damals nicht damit gerechnet, dass es jemals dazu kommen würde; immerhin war ich ein musikalischer ‚Spätzünder‘ und fast alle rieten mir entweder von diesem Versuch ab bzw. sagten mir gleich, dass ich das niemals schaffen würde. Doch nun, nach weiteren 17 Jahren zielstrebiger Arbeit, stehe ich und stehen wir alle gemeinsam auf der Bühne und zeigen, wozu wir als Dorfchor fähig sind!“
Doch es ist nicht nur die gewaltige Musik, die Pauser so fasziniert, sondern auch die Verbindung von Musik und Text, wie er weiter erläutert:
„Oberflächlich ist diese Sinfonie ein Ausdruck der Freude – immer wieder sind die ‚Freude‘-Rufe im Chor zu hören. Doch sieht man sich den Text genauer an, der ursprünglich ein Trinklied war, so erkennt man hinter Beethovens Vers-Auswahl zusätzlich dessen tiefe humanistische Gesinnung: ‚Alle Menschen werden Brüder‘ heißt es da unter anderem. Knapp 200 Jahre nach der Uraufführung sind wir diesem Wunsch kaum nähergekommen. Auch das ist für mich ein großer Antrieb, dieses Werk mit unserem Chor hier im ländlichen Raum zu erarbeiten und unserem Publikum darzubieten – eben weil es so zeitlos, so aktuell ist. Diese 9. Sinfonie passt perfekt in unsere heutige Zeit und sie ist das Licht in so manchem dunklen Fleck des politisch-gesellschaftlichen Alltages. Die Reaktionen des Publikums haben eindrucksvoll gezeigt, dass es auch genau das so verstanden hat.“
An dieser Stelle möchten wir unseren Partnern – der Singakademie Chemnitz, der Vogtland Philharmonie Greiz/Reichenbach sowie den Solisten Andrea Chudak, Anna-Maria Tietze, Martin Lattke und Jörg Hempel – für die sehr gute und über zwei Jahre geduldige Zusammenarbeit danken. Besonderer Dank gilt ebenfalls den vielen Spendern im Ort und über die Ortsgrenzen hinaus, die uns im zurückliegenden Jahr ohne eine Auftrittsmöglichkeit vor größeren finanziellen Sorgen bewahrt haben. Das Projekt „Ein Dorf singt“ wurde mit Fördermitteln der Gemeinde Langenbernsdorf, des Landkreises Zwickau sowie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft im Rahmen der Maßnahme „LandKULTUR“ unterstützt. Ohne diese zahlreiche Unterstützung wären die Konzerte nicht möglich gewesen. Unsere Erleichterung und Freude darüber, endlich wieder vor Publikum singen zu können – wenn auch nach wie vor zu Pandemiebedingungen –, war nicht nur im Chor zu spüren. Auch aus dem Publikum erreichte uns von vielen Seiten die Rückmeldung, dass sich diese Freude, ganz wie es im Stück bereits angelegt ist, übertragen hat.
Hanna Gottschald